Der Kreis Pinneberg braucht eine*n hauptamtliche*n Behindertenbeauftragte*n

Inklusion, Gleichstellung und Chancengleichheit für Menschen mit Behinderung sind nur dann möglich, wenn wir jetzt die richtigen Stellschrauben betätigen. Klar ist: Die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention und die weitere Umsetzung des Aktionsplans Inklusion im Kreis Pinneberg ist durch eine*n ehrenamtliche*n Behindertenbeauftragte*n nicht leistbar, sondern erfordert eine Vollzeitstelle. Deshalb haben wir gemeinsam mit der SPD beantragt, für diese wichtige Aufgabe nicht mehr nur ein Ehrenamt, sondern ein Hauptamt mit Vollzeitstelle einzurichten.

Leider wurde der gemeinsame Antrag zur Kreistagssitzung am 3. Mai 2023 mit den Nein-Stimmen von CDU, FDP und AfD/KWGP abgelehnt. Wir arbeiten aber weiter daran und hoffen, dass wir nach der Kreistagswahl am 14. Mai diese wichtige Maßnahme umsetzen können.

Die Grüne Sozialpolitikerin Susanne von Soden-Stahl erklärt, warum das notwendig ist:

“In seinem letzten Bericht schreibt der bisherige Behindertenbeauftragte Herr Vogt: “Hinsichtlich der Fortsetzung der Arbeit für Menschen mit Handicap schlage ich aufgrund des tatsächlich hohen Arbeitsanfalls vor, eine Vollzeitstelle einzurichten, um auch sicherstellen zu können, dass die hohe Anzahl von Tagesterminen und -besprechungen bedient werden können.“

Wenn man sich den letzten Bericht des Behindertenbeauftragten durchliest, ist es nicht nur seine Stellungnahme, sondern die Aufzählung aller seiner Tätigkeiten, die eine solche Entscheidung nahe legen.

Zum Beispiel führte Herr Vogt regelmäßige Gespräche und Besprechungen mit den Fachbereichs und Fachdienstleitungen. Das geht natürlich äußerst selten in den Abendstunden – in denen – das wissen wir alle genau, Ehrenamtler normalerweise Zeit haben. Das konnte er wahrscheinlich nur leisten, weil er seine Arbeitszeit daran anpassen konnte. Das können – denke ich – die wenigsten Arbeitnehmer.

Herr Vogt hat in vielen verschiedenen Gesprächsgruppen die Bedarfslagen und Interessen der Menschen mit Behinderungen vertreten – nur so ist es tatsächlich möglich, Änderungen zu bewirken. Aber Gespräche kosten Zeit. Auch die regelmäßigen Besuche in den Ausschusssitzungen – kosten Zeit. Wir wissen alle, dass eine Sitzung selten weniger als 2 Stunden dauert.

Und er war regelmäßiges und wichtiges Mitglied in verschiedenen Fokusgruppen und in der Steuerungsgruppe Sozialplanung. Seine Kompetenz und Streitbarkeit konnte oft zur Entwicklung neuer und guter Ansätze beitragen.

Er war stellvertretender Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Behindertenbeauftragten und hat an den Treffen der Beauftragten der schleswig-holsteinischen Kreise und kreisfreien Städte teilgenommen.

Nicht zuletzt durch seine Aktivitäten stieg die Zahl der kommunalen Behindertenbeauftragten im Kreis in den letzten Jahren stetig. Sie kommen regelmäßig zu Netzwerktreffen, organisiert von Frau Moscheck, zusammen, um sich gegenseitig über wichtige Themen zu informieren. Aber um ein wenig Wasser in den Wein zu schütten: In Elmshorn und Pinneberg haben die ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten ihre Arbeit schon wieder niedergelegt – sie beklagen, dass sie nicht in die Arbeit der Verwaltung eingebunden wurden. Das kann natürlich auch ein Herr Vogt nicht verhindern und er schreibt: „Ich empfehle den Kommunen dringend, auf die Einsetzung von Beauftragten für Menschen mit Behinderungen hinzuwirken und diese aktiv in ihrer Arbeit zu unterstützen.“

Naheliegend war für Herrn Vogt das Thema Wohnen immer wichtig. Diese Themen – so z.B. das Kurzzeitwohnen wie auch die Pinneberger Erklärung hat er mit viel Engagement voran getrieben und dort fehlt jetzt schmerzlich sein Einsatz und seine Expertise.

Durch seine Präsenz, die regelmäßigen Informationen auch in der Öffentlichkeit – er hat einen Twitter-Account, eine eigene Webseite und einen Facebook-Account initiiert, konnte er sehr viele Entwicklungen anstoßen.

Letztendlich haben die vielfältigen Aufgaben, die Herr Vogt ehrenamtlich neben seiner verantwortungsvollen beruflichen Tätigkeit, ausgeführt hat, dazu geführt, dass er in die Überlastung gekommen ist und die Reißleine gezogen hat.

In unseren Vorgesprächen zur Neubesetzung der Stelle gab es von Seiten der CDU die Aussage, dass ehrenamtliche Tätige motivierter seien, als Hauptamtler. Abgesehen davon, dass das für alle Menschen, die für ihre Tätigkeit Geld bekommen eine Klatsche ist, spricht dagegen vor allem, dass Herr Vogt seine Tätigkeit einfach nicht mehr ausüben konnte, weil er die Doppelbelastung nicht mehr tragen konnte.

Wenn wir diese Stelle weiterhin ehrenamtlich besetzen, gibt es unserer Meinung nach, nur zwei Möglichkeiten: Entweder der oder diejenige gerät wie Herr Vogt relativ schnell in die Überlastung und kann nicht mehr weiter machen oder der oder diejenige reduziert sehr schnell den Einsatz, um genau nicht dahin zu kommen.

Wenn wir die Vorarbeit, die Herr Vogt geleistet und dokumentiert hat, nicht verlieren wollen, brauchen wir einen motivierten Menschen, dessen Arbeit wir auch monetär wertschätzen.

Und wir brauchen die Stellenausschreibung jetzt und nicht erst in drei Monaten – denn es wird ganz sicher nicht einfach sein, einen adäquaten Nachfolger für diese anspruchsvolle und wichtige Aufgabe zu finden.”

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